42.5 Prozent der Schweizer Stimmbürgerinnen und Stimmbürger sind für ein Verbot der Finanzierung von Kriegsprodukten durch Schweizer Pensionskassen, eine Mehrheit lehnt dieses ab. Damit ist die entsprechende Initiative vom Tisch. Was bleibt, ist das Bedürfnis einer grossen Minderheit, ihre Vorsorgegelder nach höheren ethischen Kriterien anzulegen.
Ausschlüsse sind machbar
Das Anliegen wäre auch realisierbar, wie Dominique Becht, Leiter der Fachstelle Wertschriften der Pensionskasse Abendrot ausführt: «Es gibt Datenanbieter, die genaue Angaben zur inhaltlichen Ausrichtung von Wertschriften anbieten. Es ist überhaupt kein Problem, eine Schwelle für den Ausschluss von Kriegsgeschäften zu definieren.» Investorinnen und Investoren wie Pensionskassen haben also durchaus die Möglichkeit, mehr Verantwortung zu tragen. Sie können verhindern, dass mit dem Geld ihrer Versicherungen unethische Geschäfte finanziert werden – wenn sie denn wollen.
Selber bestimmen, wo das Geld hingeht
Einen entsprechenden Willen hat beispielsweise die Stiftung Abendrot in Basel. Seit der Gründung in den 80er Jahren investiert sie ihr Geld mit Erfolg nach strengen ethischen und ökologischen Kriterien. Die Gründer von Abendrot standen damals vor einer ähnlichen Herausforderung, wie die unterlegenen Befürworter der Kriegsgeschäftsinitiative heute: Als das Pensionskassen-Obligatorium eingeführt wurde, fragten sie sich, wie sie dafür garantieren können, dass die eigene Altersvorsorge nicht in unerwünschte Geschäfte fliesst. Die Lösung: Sie gründeten eine eigene Kasse und wählten ihre Investitionen selber aus.
Nicht alles so grün, wie es scheint
Ganz so weit müssen die Befürworter der Kriegsgeschäftsinitiative heute nicht unbedingt gehen. Es bestehen mehrere Pensionskassen, die grosse Erfahrung in ethischen Anlagen haben. Allerdings lohnt es sich, genau hinzuschauen: Fast alle Anbieter bemühen sich, grün und engagiert daherzukommen. Als es darum ging, zur Kriegsgeschäftsinitiative Stellung zu nehmen, wollte sich die Mehrheit der Pensionskassen aber doch viel lieber nicht verpflichten. Der Pensionskassenverband ASIP äusserte sich öffentlich gegen die Kriegsgeschäftsinitiative: «Unter Berücksichtigung aller Interessen der Versicherten geht die Initiative zu weit und schafft unnötige Hürden zulasten der Rentenleistungen. Die Altersvorsorge darf nicht noch durch sinnlose, bürokratische und teure Verbote zusätzlich belastet werden», so der ASIP in seiner Stellungnahme.
Ausrichtung öffentlich einsehbar
Abendrot empfindet eine ethische Ausrichtung nicht als sinnlos oder bürokratisch – eine entsprechende Haltung entspricht vielmehr den Grundwerten der Institution. Was das genau bedeutet, ist öffentlich einsehbar: Auf der Website von Abendrot sind Anlagegrundsätze und auch die gehaltenen Anlagen sowie die Ausübung der Stimmrechte bei Aktienbeteiligungen dokumentiert. Das Reglement der Stiftung schliesst nicht nur Investitionen in die Rüstungsindustrie, sondern auch in die Atomkraft, in Tabak, in gentechnisch veränderte Organismen in der Landwirtschaft, in den Rohstoffhandel, in Glücksspiel oder in Pornografie aus. Zudem sind Anlagen in Industrien und Betriebe, die gegen Humanität, Natur- und Tierrechte und Umweltschutz verstossen, ausgeschlossen. Ausserdem ist das Abendrot-Portfolio «fossil free».
Ethische Ausrichtung als Erfolgsfaktor
Wie kann es sein, dass die Stiftung Abendrot trotz dieser Einschränkungen seit Jahrzehnten eine Performance erzielt, die mit jener konventioneller Investoren durchaus mithalten kann? «Das Erfolgsrezept von Abendrot liegt gerade in der konsequenten ethischen und sozialen Ausrichtung der Investitionen. Wir haben mit unseren Investitionen ein grosses Wissen und gute Beziehungen in Kriegsgeschäft fremden Bereichen aufgebaut, die uns seit Jahren zu Gute kommen», so Becht. Gerade weil man seit jeher auf problematische Branchen verzichtet, hat man bei Abendrot also ein Anlageportfolio aufgebaut, das bestens rentiert.
Von Claudio Miozzari, Stiftungsrat der Pensionskasse Abendrot